Case #8: TURNAROUND IN NUR 6 MONATEN mit Emotionaler Intelligenz
- Marco Schlimpert
- 6. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Sept.
Mit Turnaround zur Marktführerschaft:
Wie systemische Aufstellungen und Emotionale Intelligenz ein Werk retteten
Eine Case Study über transformative Führung, Produktinnovation und den Mut zur Veränderung in der chemischen Industrie
Die Ausgangssituation: Ein Werk am Scheideweg
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer der schwierigsten Entscheidungen Ihrer Karriere. Vor Ihnen liegt ein Produktionswerk mit 200 Mitarbeitenden, das seit Jahren rote Zahlen schreibt. Die Gewinnmarge liegt bei minus 5 Prozent, die Energiekosten explodieren, und der Vorstand diskutiert ernsthaft die Schließung.
So war die Situation in unserem britischen Zellulosefaser-Werk Ende 2018. Mit einer Produktionskapazität von 45.000 Tonnen jährlich war es zwar nur ein kleiner Teil des Gesamtkonzerns mit seinen 1.000.000 Tonnen Gesamtkapazität, aber für die 200 Menschen vor Ort und die gesamte Region war es von existenzieller Bedeutung.
Die Zahlen sprachen eine deutliche Sprache: hohe Gaspreise, stagnierende Nachfrage nach Standardprodukten und eine Belegschaft, die spürte, dass ihr Arbeitsplatz bedroht war. Die Stimmung war entsprechend gedrückt, das Vertrauen in die Zukunft schwand täglich.
Die Aufgabe: Turnaround oder Schließung
Der Auftrag war klar formuliert: Entweder wir finden einen Weg, das Werk profitabel zu machen, oder es wird geschlossen. Eine Schließung hätte nicht nur 200 Arbeitsplätze vernichtet, sondern auch massive Reputationsschäden für den Konzern bedeutet. Das Werk war über Jahrzehnte ein wichtiger Arbeitgeber in der Region gewesen.
Doch wie transformiert man ein verlustbringendes Standardproduktions-Werk in ein profitables Spezialitäten-Center? Wie bringt man eine demotivierte Belegschaft dazu, an die Zukunft zu glauben und sich für radikale Veränderungen zu öffnen?
Der Ansatz: Systemische Aufstellungen als InsTrument für Strategische Klarheit
Anstatt sofort in die Analyse von Zahlen und Prozessen einzusteigen, wählten wir einen anderen Weg. Wir begannen mit einer systemischen Aufstellung des Produktportfolios. Mit sechs Teilnehmenden aus dem Führungsteam stellten wir die verschiedenen Produkte im Spannungsfeld zwischen kurzfristig vs. langfristig und Vision vs. Execution auf. So entstand im Raum eine 2 mal 2 Matrix mit vier Felden: kurzfristig - Execution / kurzfristig - Vision / langfristig - Execution / langfristig - Vision.
Das Ergebnis war verblüffend: Die beiden Spezialitätenprodukte, die bis dahin nur eine Randrolle gespielt hatten, positionierten sich deutlich im Bereich "kurzfristig - Execution" und "kurzfristig - Vision". Sie wollten förmlich umgesetzt werden, schienen aber bisher übersehen worden zu sein.
In einer zweiten Aufstellung betrachteten wir das gesamte Unternehmensökosystem: Maschinen und Anlagen, Mitarbeitende, Führungskräfte, die neuen Produkte, das Unternehmensergebnis und die Konzernführung. Hier zeigte sich eine interessante Dynamik: Die Konzernführung war skeptisch, ließ aber Freiraum. Die Führungskräfte vor Ort waren jedoch nicht auf einer Linie - die Führungskultur musste von "Command & Control" auf "Empowerment & Trust" umgestellt werden.
Die Umsetzung: "SNAPP"-Methode und kultureller Wandel
Der neue Werksleiter führte eine revolutionäre Gesprächskultur ein. In Meetings stellte er konsequent fünf Fragen nach der SNAPP-Methode:
Situation: Wie sieht die Situation aus?
Need: Welchen Bedarf haben Sie?
Alternativen: Welche Alternativen gibt es?
Proposal: Wie lautet Ihr Vorschlag?
Purpose: Wie zahlt Ihr Vorschlag auf unseren Zweck ein?
Diese scheinbar einfache Veränderung hatte dramatische Auswirkungen. Statt Anweisungen zu empfangen, wurden die Mitarbeitenden plötzlich zu Problemlösern. Sie begannen, eigene Lösungen zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen.
Parallel dazu erstellten wir einen belastbaren Businessplan für die Konzernzentrale. Die beiden kritischen Erfolgsfaktoren waren klar identifiziert: die lokale Führung auf eine gemeinsame Ausrichtung zu bringen und einen überzeugenden Finanzierungsplan zu entwickeln.
Das Ergebnis: Transformation gegen alle Erwartungen
Die Transformation vollzog sich schneller als erwartet. Innerhalb von sechs Monaten zeigten sich die ersten positiven Ergebnisse, nach zwölf Monaten war das Werk komplett umgewandelt.
Die beiden Spezialitätenprodukte, die aus der systemischen Aufstellung hervorgegangen waren, erwiesen sich als Volltreffer:
Produkt 1: Eine einzigartige Wollfaser-Kombination, die es so noch nie auf dem Markt gegeben hatte. Sie bot dreifachen Mehrwert: Veredelungsprozesse in der Wertschöpfungskette wurden überflüssig, sie entsprach perfekt dem Nachhaltigkeitstrend, und die Endkunden liebten das Erscheinungsbild.
Produkt 2: Eine speziell entwickelte Kurzfaser-Spezialität, die eine Marktlücke schloss und sofort großen Anklang fand.
Die Zahlen sprechen für sich: Die Gewinnmarge stieg von minus 5 Prozent auf plus 38 Prozent - eine Transformation, die in der Branche als außergewöhnlich gilt.
Der wahre Test kam jedoch mit der Pandemie. Während weltweit Produktionslinien heruntergefahren werden mussten, weil die Nachfrage einbrach, lief unser britisches Werk - zusammen mit nur einem weiteren Standort weltweit - unter Volllast weiter. Die Spezialitätenprodukte waren so einzigartig und nachgefragt, dass selbst die Krise ihnen nichts anhaben konnte.
Die Erkenntnisse: Warum systemische Aufstellungen funktionieren
Diese Case Study illustriert die Kraft der systemischen Aufstellung in mehrfacher Hinsicht:
Ganzheitliche Diagnose: Während konventionelle Analysen bei Zahlen und Prozessen stehen bleiben, deckt die systemische Aufstellung die tieferen Dynamiken auf - die unausgesprochenen Spannungen, die ungenutzten Potentiale, die verborgenen Widerstände. Zudem macht sie die einzigartigen Stärken des Unternehmens sichtbar, auf die aufgebaut werden können.
Intuitive Problemlösung: Die Positionierung der Spezialitätenprodukte im Feld "kurzfristig -execution" war keine rationale Analyse, sondern eine intuitive Erkenntnis, die sich als goldrichtig erwies.
Kulturelle Transformation: Die Aufstellung machte sichtbar, dass nicht nur die Produktstrategie, sondern auch die Führungskultur verändert werden musste. Ohne diese Erkenntnis wäre die Transformation gescheitert.
Schnelle Umsetzung: Weil die wesentlichen Hebel durch die Aufstellung klar identifiziert waren, konnte die Umsetzung fokussiert und effizient erfolgen. Zudem waren die Mitarbeitenden von Anfang an in den Prozess beteiligt und durften ihre Ideen schnell umsetzen.
Der größere Kontext: Innovation durch Irritation
Was macht den Unterschied zwischen einem Werk, das geschlossen wird, und einem, das zur Marktführerschaft aufsteigt? Oft sind es nicht die offensichtlichen Faktoren wie Technologie oder Kapital, sondern die Fähigkeit, die verborgenen Potenziale zu erkennen und zu aktivieren.
Systemische Aufstellungen bieten genau die richtige Dosierung der Irritation, die starre Systeme benötigen, um sich zu öffnen: stark genug, um Veränderung zu bewirken, aber nicht so stark, dass das System zusammenbricht.
In unserem Fall war diese Irritation die Erkenntnis, dass die Lösung nicht in der Optimierung der bestehenden Produkte lag, sondern in einer radikalen Neuausrichtung auf Spezialitäten, die noch gar nicht existierten.
Lessons Learned: Mut zur Transformation
Dieser Case zeigt: Transformation ist möglich, auch in scheinbar aussichtslosen Situationen. Aber sie erfordert Mut - den Mut, über konventionelle Lösungen hinauszugehen, den Mut, auf Intuition zu vertrauen, und den Mut, sowohl Strategie als auch Kultur gleichzeitig zu verändern. Schlussendlich auch den Perspektivenwechsel, dass Mitarbeitende keine Kostenfaktoren sondern Innovations- und Problemlösungspotenzial sind, die den großen Unterschied machen.
Die systemische Aufstellung ist dabei mehr als eine Methode - sie ist ein Weg, die Intelligenz des gesamten Systems zu aktivieren und Lösungen zu finden, die mit rationalem Denken allein nicht erreichbar sind.
Wenn Sie vor ähnlichen Herausforderungen stehen, fragen Sie sich: Welche Potentiale in Ihrem System sind noch unentdeckt? Welche Irritation benötigt Ihr System, um den nächsten Entwicklungsschritt zu machen?
Die Antworten liegen oft näher, als Sie denken - sie warten nur darauf, gesehen zu werden.
Bereit für den nächsten Schritt?
Entdecken Sie, weshalb die systemische Aufstellung die wirkungsvollste Methode für Ihre Transformations-Projekte ist. Sie hilft Ihrem Unternehmen nicht nur die verdeckten Hürden im zu enthüllen, sondern auch verschiedene Zukunfts-Szenarien durchzudenken und damit die wahrscheinlichste Zukunft vorherzusehen - noch lange bevor sie als Realität erscheint.
Als erfahrener Experte für Leadership Transformation und Mentor unterstütze ich Sie dabei, Ihr Transformationsprojekt erfolgreich in kurzer Zeit umzusetzen. Es bedarf lediglich: Open Mind, Open Heart und Open Will.
Gemeinsam schaffen wir "Clarity beyond Strategy".
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